Stehen zwei Marken hinter einem Produkt, greifen Kunden gern zu. Doch sollten die Partner vorsichtig sein.
Am 26. März 2022 standen Menschen in Tokio, London und New York stundenlang Schlange, um eine Uhr zu kaufen. Es war kein neues iPhone und auch keine limitierte Luxusuhr, sondern die Moonswatch – eine Kooperation zwischen Swatch und Omega. Die Uhr, inspiriert von der legendären Omega Speedmaster Moonwatch, war mit 275 Euro ein erschwinglicher Einstieg in die Welt der ersten Uhr auf dem Mond. Swatch setzte auf Verknappung: Der Verkauf erfolgte nur an Tagen mit Vollmond, was die Begehrlichkeit zusätzlich steigerte. Innerhalb eines Jahres verkaufte die Swatch Group, zu der auch Omega gehört, über eine Million Exemplare der Uhr. Und auch die Verkaufszahlen der sehr viel teureren Omega Speedmaster Moonwatch (Preispunkt: 7.600 Euro) stiegen um 50 Prozent. Die Allianz zwischen Swatch und Omega wurde zu einem der größten Markenerfolge der letzten Jahre.
Eine völlig andere Erfahrung mit einer solchen Markenallianz machte nur wenige Monate später der Sportmodehersteller Adidas. Die Zusammenarbeit mit dem Rapper Kanye West, die anfangs eine der erfolgreichsten Kooperationen in der Modewelt war, endete abrupt. Adidas hatte mit der Yeezy-Linie eine neue, trendbewusste Zielgruppe erschlossen und Milliardenumsätze generiert. Doch als sich West 2022 mit antisemitischen Äußerungen ins Abseits manövrierte, musste Adidas die Zusammenarbeit beenden. Der Schaden war immens: Die Lager waren voller unverkaufter Yeezys, und der Aktienkurs von Adidas fiel in den darauffolgenden Monaten drastisch. Die Allianz, die einst als Paradebeispiel für Markenpartnerschaften galt, wurde zur wirtschaftlichen und reputativen Belastung.
Für die Kombinationen von zwei oder mehr Marken gibt es eine schier endlose Reihe an Beispielen: Milka Schokolade mit Oreo, Krombacher Almradler mit Almdudler, die Mastercard von Lufthansa, die Omega-Uhr des fiktiven Geheimagenten 007, die Nespresso-Maschine von DeLonghi oder die Apple Watch von Nike, um nur ganz wenige zu nennen.
Markenallianzen sind hoffähig geworden, weil viele Marken an ihre Wachstumsgrenzen gestoßen sind. Märkte und Zielgruppen sind ausgereizt und neue, zur Marke passende Produktkategorien ausgeschöpft. Markenallianzen sind deshalb probates Mittel zum profitablen Wachstum geworden.
Befeuert wurde diese Entwicklung durch eine Studie der American Marketing Association, die eindrucksvoll das Potenzial von Markenallianzen zeigt. 80 Prozent der befragten Kunden zeigten Kaufbereitschaft für ein digitales Bildverarbeitungsprodukt von Sony und Kodak. Wurde das Produkt nur mit einer der beiden Marken gekennzeichnet, lag die Kaufbereitschaft nur bei 20 Prozent. Die Kombination aus Sonys technologischer Kompetenz und der Bildverarbeitungsexpertise von Kodak schuf in der Wahrnehmung der Kunden einen echten Mehrwert.
Die im Einstieg genannten Beispiele von Moonswatch und Yeezy zeigen jedoch, dass Markenallianzen kein Selbstläufer sind. Es stellt sich die Frage, wann Markenallianzen sinnvoll sind und wann nicht. Denn einerseits sollen die Marken imagemäßig zueinander passen, andererseits muss jede Marke etwas in die Allianz einbringen, was für die andere Marke wertvoll und allein nicht in dem Maße leistbar wäre. So wäre eine Allianz zwischen der Waschmaschinenmarke Miele und Calgon in der Kommunikation zwar denkbar, aber nicht sinnvoll. Der Grund: Der Slogan „Waschmaschinen leben länger mit Calgon“ stünde dem Image der Haltbarkeit von Miele diametral entgegen.
Unternehmen, die eine Markenallianz mit einer anderen Marke schließen wollen, sind gut beraten, die folgende vier Aspekte zu evaluieren. Dies ist unabhängig davon, ob die Allianz für kurz- bis mittelfristige Kommunikationszwecke oder für eine längerfristige Zusammenarbeit durch Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen gedacht ist:
Markenstärke
Zunächst hängt der Erfolg einer Markenallianz von der Stärke der Marke ab. Dies erklärt, warum die Allianz von Swatch und Omega ein großer Erfolg war, während der zweite Anlauf von Swatch mit der Blancpain Fifty Fathoms im Folgejahr nur mäßig erfolgreich war. Die Markenstärke von Omega ist größer als die von Blancpain.
Markenfit
Zweitens müssen die Marken gut zusammenpassen, damit eine Markenallianz auch als glaubwürdig empfunden wird und keine Marke dadurch leidet. So nutzt die italienische Designfirma Alessi Markenallianzen, doch wäre es für die Marke abträglich, eine Allianz mit Aldi-Espressomaschinen zu schließen, auch wenn hier sicher Umsatzzuwächse gewährleistet wären.
Kompetenz
Zum dritten sollten die Marken einer Markenallianz eine Kompetenz oder ein Merkmal aufweisen, das der Partnermarke jeweils fehlt. Dadurch wird eine aus Kundensicht wertvolle Ergänzung möglich, die das Produkt begehrlich macht. Die elektrische Oral-B-Zahnbürste powered by Braun zum Beispiel vereint die Zahnkompetenz der Leadmarke und die technische Kompetenz der ergänzenden Marke.
Produktfit
Viertens schließlich sollten die Produktkategorien zusammenpassen, denn Markenallianzen können in bestehenden oder in neuen Märkten realisiert werden. Tic Tac mit Coca-Cola-Geschmack etwa wäre eine Kooperation in einem bestehenden Markt. Die oben genannte elektrische Zahnbürste hingegen hat für beide Marken einen neuen Markt erschlossen. Der Fit ist unter anderem dann gewährleistet, wenn es technologische Kompetenzen gibt, Produkte im ähnlichen Verwendungszusammenhang genutzt werden und sich ergänzen oder imagemäßige Übereinstimmungen vorhanden sind.
Diese Kriterien spielen auch für die Auswahl möglicher Kooperationspartner eine entscheidende Rolle:
Hier ist die Verträglichkeit der in Frage kommenden Marken mit der eigenen Marke und deren Wertbeitrag für die Markenallianz zu prüfen. Bei Krombacher Radler mit Almdudler sind beide Marken in ihren Märkten stark und werden auch klar mit Natur und Reinheit verknüpft. Zudem addiert Almdudler den einzigartigen Geschmack zum Radler und macht dieses dadurch besonders. Durch das neue Getränk werden beide Zielgruppen mit einem neuen, passenden Angebot angesprochen.
Während die letztgenannte Allianz eine von zwei unabhängigen Unternehmen ist, waren viele der oben genannten Allianzen solche von Marken innerhalb eines Konzerns. So gehören Milka und Oreo gehören zu Mondelez oder Oral-B und Braun zu Procter & Gamble. Letzteres erleichtert die Steuerung einer Markenallianz.
Bei aller Euphorie über Markenallianzen sind auch deren Schattenseiten zu berücksichtigen. So profitieren nicht immer beide Partner in gleichem Maße. Oral-B etwa profitiert von der elektrischen Zahnbürste imagemäßig sehr und ist dadurch auch präsenter bei einer Entscheidung am Point of Sale für Zahnprodukte, Umsatz und Profit liegen hingegen stärker bei Braun. Und wenn eine Elektromarke wie SMEG eine Allianz mit einer Designmarke wie Alessi eingeht, kann dies zu einer Abwertung als eher biedere Marke führen, die entsprechende Designimpulse von außen braucht. Zudem sollten sich Unternehmen, die Markenallianzen forcieren, auch kritisch die Frage stellen, ob dies relevanten Innovationen für Kunden aus eigener Kraft heraus nicht den Wind aus den Segeln nimmt. Das wäre schade, da es dauerhaft nur zwei echte Wachstumstreiber in Unternehmen gibt: Marken und Innovationen.
Artikel erschienen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe Nr. 88, Seite 16, Montag, 14. April 2025.