Dr. Florian Hosseini
Die Schneekoppe ist mit 1.602 Metern der höchste Berg des Riesengebirges. In den 70er, 80er – und 90er-Jahren stand Schneekoppe jedoch für mehr- eine Marke mit riesigem Bekanntheitsgrad, die Nr. 1 im Bio-Segment. 90% der Deutschen kannten die Marke und verbanden mit ihr gesunde und trendige Bio-Premiumprodukte. Auch ich erinnere mich an das hallende Werbe-Echo „Schneeeeeeekoppee“, als sei es noch heute Morgen im Radio gelaufen. Frage ich jedoch jüngere Kollegen nach Vorstellungen zur Marke Schneekoppe, schaue ich oft in ratlose Gesichter.
Doch wie konnte Schneekoppe trotz Bio-Boom und Gesundheitswelle von der Bildfläche verschwinden?
Die Verantwortlichen der Marke Schneekoppe haben sich zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Trends und Bedürfnisse der Kunden wurden ignoriert, die Laissez-Faire-Mentalität hat ihr übriges getan. Der Gesundheitstrend hat neue Wettbewerber hervorgebracht, die mit neuen, innovativen Geschäftsmodellen den Markt verändert haben. Zunächst konnten die Angriffe durch Schneekoppe abgewehrt werden. Jedoch fängt auch die stärkste Marke nach einer Zeit an zu bröckeln, wenn man sein Geschäftsmodell nicht den veränderten Gegebenheiten anpasst. So wurde Schneekoppe nach und nach von Wettbewerbern überholt und verschwand in der Versenkung. Die Folge waren unzählige Inhaberwechsel und die drohende Insolvenz.
Seit 2018 versucht Schneekoppe mit weltmeisterlicher Unterstützung wieder auf Kurs zu gelangen. Der frühere Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm ist neuer Mehrheitseigner und versucht die Marke Schneekoppe wieder zum Gipfel des Erfolges zu bringen.
Der Rettungsplan: Weg von Apotheken, Reformhäusern und Drogerien hin zum Massenmarkt. Hierzu wurde eine Kooperation mit Aldi eingegangen. Schneekoppe soll das neue Bio-Aushängeschild des Discounter-Riesen werden. Diese radikale Änderung des Geschäftsmodells bedeutet eine komplette Neupositionierung der Marke, weg vom Premium-Image hin zu einer neuen, preisbewussteren Zielgruppe.
Auf den ersten Blick scheint diese Änderung des Geschäftsmodells aufgrund der Markenstärke von Aldi und des guten Images von Philipp Lahm eine erfolgversprechende Rettungsaktion zu sein. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Umsetzung, kommen starke Zweifel an einem erfolgreichen Neustart der Marke Schneekoppe auf.
Eine Veränderung des Geschäftsmodells sollte stets am Kunden orientiert sein und einen echten Mehrwert bieten. Vergleicht man die Produkte von Schneekoppe mit den bereits angebotenen Bio-Produkten von Aldi stellt sich die Frage, ob dieser Mehrwert gegeben ist.
Schneekoppe versucht sich in einem saturierten Markt zu positionieren. Dass Schneekoppe jetzt ebenfalls eine Reismilch anbietet ist löblich, doch geht diese in der bereits bestehenden breiten Produktpalette an pflanzlichen Milchalternativen unter. Auch der Schneekoppe Sauerkrautsaft ist ein wunderbarer Jungbrunnen für den Darm, doch wirkt auch er verloren neben den Saft-Kassenschlagern der Aldi Bio-Eigenmarke und bietet keinen Mehrwert für den Kunden.
Beim neugierigen Blick ins Schneekoppe-Regal vermisst man gänzlich Produkte, die sich von den bisherigen Aldi-Bio-Produkten differenzieren und für den nötigen „Aha-Effekt“ sorgen. Übrigens Regal: Die Platzierung des Schneekoppe-Regals an einem Kopf-Regal direkt am Eingang des Aldi-Marktes in einer toten Ecke zeugt nicht gerade von großem Vertrauensvorschuss. Die natürlichen Einkaufwege führen nicht dorthin.
Daher ist es fraglich, ob dieses Experiment die Marke Schneekoppe wiederaufleben lässt oder die Marke gänzlich in der Versenkung verschwinden wird. Nachschärfen wäre ratsam.
Um Probleme wie bei Schneekoppe zu vermeiden, sollten auch starke Marken ihr Geschäftsmodells regelmäßig auf den Prüfstand stellen. Veränderungen müssen wohlüberlegt und im Einklang mit der Markenidentität sowie den Kundenbedürfnissen vollzogen werden.
Die Challenge lautet:
Halten Sie Ihr Geschäftsmodell Up-to-date und entwickeln Sie dieses aus dem Kern Ihrer Marke weiter!
Wie genau Sie das angehen können, welchen Beitrag die Haltung eines Unternehmens in Zeiten des Wandels spielt und welche Performance Booster diagnostiziert werden konnten, lesen Sie in unserer neuen Studie „Marken erfolgreich führen 4.0: Wandel braucht Haltung“: https://www.esch-brand.com/publikationen/studien/wandel-braucht-haltung/
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