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Markensteuerrad

Definition: Markensteuerrad zur Erfassung der Markenidentität

Das Markensteuerrad nach Esch ist ein Tool zur systematischen und ganzheitlichen Erfassung der Identität einer Marke.

Es ist Grundlage eines wirksamen Strategieprozesses sowie einer effektiven und effizienten Umsetzung der Marke bei Kunden und anderen Anspruchsgruppen.

Das Markensteuerrad ist das am meisten verwendete Tool zur Definition der Markenidentität in Deutschland. In Wissenschaft und Praxis existieren viele Ansätze zur Beschreibung und Erfassung der Markenidentität. Nur wenige sind jedoch hinreichend dokumentiert, auf einem soliden theoretischen Fundament abgeleitet und haben sich in der praktischen Umsetzung der Markenführung durchgesetzt. Das Markensteuerrad wurde solide theoretisch fundiert abgeleitet und ist umfassend dokumentiert. Es hat sich in der praktischen Markenführung erfolgreich bewährt.

Inzwischen gibt es eine Reihe von Abwandlungen des Markensteuerrades, die häufig nicht mehr den Ursprungsgedanken gerecht werden.

Wissenschaftliche Fundierung des Markensteuerrads

Das Markensteuerrad basiert auf zwei wissenschaftlichen Strömungen:

  1. Auf Erkenntnissen zur Hemisphärenforschung nach Paivio. Danach ist vereinfacht die linke Hirnhälfte für rationale Prozess verantwortlich und die rechte Hirnhälfte für emotionale und multisensuale Prozesse.
  2. Auf Überlegungen des Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann, der analog zwischen Denksystemen – System 1 und System 2 – unterscheidet.

Es lässt sich auf das Modell des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman zurückführen, der zwei Denksysteme bei der menschlichen Entscheidungsfindung beschreibt.

Der Aufbau des Markensteuerrads

Grundlegender Aufbau und Fundierung

Bei dem Markensteuerrad wird zwischen einer harten und einer weichen Seite der Markenidentität unterschieden. Im Zentrum des Markensteuerrads befindet sich schließlich dessen Kern, die Markenkompetenz.

Der Grund für diesen Zugang zur Ableitung der Markenidentität ist einfach und nachvollziehbar. Er orientiert sich hart am Kundenverhalten: Kunden setzen sich meist nicht aktiv mit einer Marke auseinander, sondern passiv, beiläufig und flüchtig. Doch selbst dann sind eine Prägung und eine Präferenzbildung für eine Marke möglich.

Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman spricht von den Denksystemen 1 und 2. System 1 ist der Autopilot. Er funktioniert schnell und automatisch, ist immer aktiv, emotional und stereotypisierend. Der Autopilot funktioniert unbewusst, also implizit. System 2 ist der Pilot. Der Pilot ist nur selten aktiv. Er funktioniert langsam, logisch-analytisch und arbeitet bewusst.  System 2 arbeitet explizit. Es ist anstrengend und ermüdend für Menschen, dieses System zu nutzen. Bei vielen „Entscheidungen“ läuft System 1 ab. Diese Entscheidungen erfolgen einfach und automatisch. Bevor wir Für und Wider abwägen, hat der Autopilot längst entschieden. Die Rationalisierung der Entscheidung erfolgt danach durch System 2. Die häufigsten Rationalisierungen sind dann die Qualität oder das gute Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Erkenntnisse Kahnemanns werden gepaart mit den Forschungsergebnissen zur Hirnforschung. Entsprechend wird bei dem Markensteuerrad zwischen dem linken, harten und nachprüfbaren Teil der Marke und dem rechten, weichen und emotionalen sowie sinnlichen Teil der Marke unterschieden.

Linke Seite des Markensteuerrads: Hard Facts “What’s in it for me?”

Die linke Seite des Markensteuerrads umfasst Markeneigenschaften und Markennutzen. Diese Unterscheidung ist in doppelter Hinsicht wichtig:

  1. Kunden kaufen keine Eigenschaften, sondern Nutzen. Sie kaufen keine 12 Airbags (Eigenschaft), sondern ein sicheres Auto (Nutzen)
  2. Eigenschaften dienen zur Begründung der Nutzen: Das Auto ist sicher, weil es 12 Airbags hat.

Markenattribute beziehen sich auf faktische und messbare Eigenschaften der Marke. Dies können

  • Produktmerkmale (z.B. Zahl der Airbags eines Autos) oder
  • Eigenschaften des Unternehmens sein (z.B. „Die BASF existiert seit mehr als 140 Jahren).

Markenattribute bilden die Grundlage, dass eine Marke bestimmt relevante Nutzen für Kunden erbringen kann. Markennutzen lassen sich in

  • funktionale (z. B. gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, starke Reinigungskraft) und
  • psychosoziale Nutzen (z. B. Bei der Versicherung fühle ich mich gut aufgehoben. Die Creme macht mich attraktiv und begehrlich.) differenzieren.

Die Wechselwirkung zwischen Attributen und Nutzen besteht darin, dass die konkreten Eigenschaften der Marke die funktionalen und psychosozialen Vorteile untermauern, die der Kunde erfährt. Die Markeneigenschaften machen die Markennutzen glaubwürdig und greifbar. Das ist deshalb wixchtig, weil im Piloten Kunden Angebote logisch-analytisch und rational prüft.

Rechte Seite des Markensteuerrads: Soft Facts “How do I feel about it?”

Auf der rechten Seite werden die Gefühle und Emotionen, die die Marke auslösen soll, durch die Markentonalitäten erfasst. Die sinnlich wahrnehmbaren Eindrücke, die mit der Marken verknüpft werden sollen, also Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Fühlen durch das Markenbild.

Die Markentonalitäten beschreiben die emotionalen Aspekte der Marke und bestimmen, welche Gefühle und Assoziationen sie beim Kunden wecken soll. Drei Zugänge sind hier wichtig:

  • Persönlichkeitsmerkmale, die mit der Marke verknüpft werden.
  • Erlebnisse, die mit der Marke verknüpft werden.
  • Beziehungen, die man mit der Marke hat.

Das Markenbild umfasst das Erscheinungsbild und die nonverbalen Eindrücke, die durch alle Kontaktpunkte mit der Marke geprägt werden. Bei Telekom denken wir an Magenta, Bei Krombacher Bier an den See und Natürlichkeit, bei Tabasco haben wir den Geruch in der Nase, die Coca-Cola Konturflasche können wir blind ertasten, bei Netflix haben wir das Sound-Logo im Kopf, bei Porsche ein spezifisches Design usw.

Das Markenbild macht die Tonalitäten erlebbar und kann Markennutzen und -eigenschaften multisensual übersetzen, wenn das Markensteuerrad richtig genutzt wird.

Markenkompetenz: Markenkern “Wer bin ich?”

Die Markenkompetenz bildet das Herzstück des Steuerrads. Sie bringt das Wesentliche der Marke präzise auf den Punkt. Die Markenkompetenz kann sowohl emotionale als auch sachorientierte Inhalte umfassen und stellt den dauerhaften Kern der Markenidentität dar.

Zweck des Markensteuerrads

Das Markensteuerrads dient

  • der Entwicklung der Markenidentität, aber auch
  • der Steuerung und Weiterentwicklung der Marke.

Das Markensteuerrad definiert die Leitplanken zur Führung der Marke. Alle Bestandteile im Steuerrad sind „on brand“. Inhalte, die darin nicht berücksichtigt sind, sind „off brand“. Somit dient das Steuerrad auch als Grundlage zur Implementierung eines wirksamen Markencontrollings. Durch Rückkopplung der Ergebnisse und durch Änderungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld ist das Markensteuerrad zudem ein lebendes System, das regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt werden kann.

Vorteile und Nachteile des Markensteuerrads

Folgende Vorteile hat das Markensteuerrad im Vergleich zu anderen Tools (Markenei von David Aaker, Identitätsprima von Jean-Noel Kapferer, Brand Key):

  1. Das Markensteuerrad ist das einzige theoretisch fundiert abgeleitete Identitäts-Tool.
  2. Es erfasst die Marke ganzheitlich, in all ihren relevanten Facetten.
  3. Es ermöglicht einen intensiven Abgleich der einzelnen Quadranten, um maximale Kohärenz zu bewirken.
  4. Es ist einfach und intuitiv und somit auch dem Management leicht zugänglich.
  5. Es schafft Transparenz zu den wesensprägenden Merkmalen der Marke.
  6. Es ist ein lebendes System, das immer wieder weiterentwickelt werden kann.

Folgende Nachteile bestehen:

  1. Zur Vermittlung an alle Mitarbeiter im Unternehmen ist das Markensteuerrad zu umfassend. Das Markensteuerrad ist ein Tool für Experten. Deshalb nehmen wir bei ESCH. eine weitere Verdichtung auf wesentliche Markenwerte und die Markenpositionierung vor.
  2. Das Markensteuerrad ist intuitiv verständlich, wird aber häufig falsch eingesetzt, weil die Nutzer des Steuerrads entweder nicht hinreichend geschult sind oder Verständnisprobleme vorliegen, die zu einer suboptimalen Nutzung führen. Dadurch werden Potentiale verschenkt.

Fazit: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Das Markensteuerrad ist ein praxisnahes und wissenschaftlich fundiertes Tool, das Unternehmen dabei unterstützt, eine starke und konsistente Markenidentität zu entwickeln. Durch die Kombination rationaler und emotionaler Elemente wird eine ganzheitliche Markenführung ermöglicht, die Kundenpräferenzen und Vertrauen stärkt.

Allerdings zeigt die Praxis, dass das Markensteuerrad häufig falsch eingesetzt wird, da die komplexen Beziehungen zwischen den Quadranten nicht immer vollständig berücksichtigt werden. Eine professionelle Moderation und tiefes Fachwissen sind daher entscheidend, um das Potenzial des Tools voll auszuschöpfen und eine nachhaltige Markenstrategie zu entwickeln. Kontaktieren Sie uns – wir begleiten Sie Schritt für Schritt auf dem Weg zu einer starken und unverwechselbaren Markenidentität.

 

Literature:

Esch, F.-R., Esch, Dennis (2024): Strategie und Technik der Markenführung, 10. Aufl. Vahlen Verlag, München.

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