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Die Super Bowl Werbespots 2022 – Volltreffer oder Bruchlandung?

von Daniel Kochann

Daniel Kochann
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    Wie jedes Jahr bin ich auch gestern wieder meinem Ritual gefolgt und habe mir alle Werbespots des Super Bowls in Ruhe angeschaut. Während im letzten Jahr die Kosten für einen 30-sekündigen Spot noch bei 5,6 Millionen US-Dollar lagen, sind wir 2022 schon bei 7 Millionen angekommen. Die Frage, ob auch alle Marken mit einem entsprechenden Return on Invest rechnen können, ist sehr spannend. Um diese zu beantworten, habe ich einige Spots, die immer wieder in den Top-Listen aufgeführt werden, mal genauer unter die Lupe genommen und werbestrategisch analysiert.

    Was hierbei wichtig ist: Bitte machen Sie nicht den Fehler und beurteilen Sie die Qualität eines TV-Spots nach dem „Gefällt mir/Gefällt mir nicht“-Prinzip. Über Geschmack lässt sich bekanntlich (nicht) streiten. Wenn Sie wirklich bewerten möchten, wie hoch die Erfolgschancen einer Werbung sind, empfehlen wir die sozialtechnischen und strategischen Kriterien der Werbung. (Empfehlung: Franz-Rudolf Esch – Strategie und Technik der Werbung)

    Diese lauten stark vereinfacht folgendermaßen:

    Sozialtechnische Kriterien:

    1. Aktivierung: Wird Ihre Aufmerksamkeit gewonnen?
    2. Informationsvermittlung: Verstehen Sie die Botschaft und können Sie diese verarbeiten?
    3. Emotionalisierung: Werden (positive) Emotionen geweckt?
    4. Gedächtniswirkung: Können Sie sich einen Tag später noch daran erinnern?

    Strategische Kriterien:

    1. Wahrnehmbarkeit: Ist die Marke und deren Positionierung wahrnehmbar?
    2. Differenzierung: Ist die Werbung unique im Vergleich zum Wettbewerb?
    3. Integration: Ist die Werbung inhaltlich und formal kohärent zu anderen Kontaktpunkten?

    Steigen wir nun direkt in die Analyse ein und beginnen mit dem Spot mit der schlechtesten Gedächtniswirkung:

    E*TRADE

    Der Spot startet mit einer guten und angenehmen Aktivierungsstärke durch einen sogenannten physisch intensiven Reiz (traumhaftes Bild der Erde vom Mond aus betrachtet). Direkt im Anschluss erfolgt eine weitere Aktivierung über einen kognitiv überraschenden Impuls (in diesem Fall Humor). Ich persönlich finde diesen Spot sehr witzig. Was allerdings wichtig ist: Bei einer Analyse von Werbung geht es niemals darum, ob ein Spot lustig ist oder nicht, sondern darum, welche Wirkung er erzielt. Diese würde ich in diesem Fall leider als sehr gering einschätzen. Grund: Die schwache Verankerung im Gedächtnis. Der Übergang von der Mondlandungsanalogie hin zu „no one dreams of a late retirement“, „stop waiting, start investing“ ist einfach zu weit hergeholt. Es wird leider nicht klar, wofür die Marke steht. Ein typischer Spot, von dem alle reden, aber bei dem sich später niemand an die Marke erinnert. Das Schlimmste, was passieren kann. Viele Millionen Dollar für die Tonne.

    Eine ähnliche Prognose habe ich für Budweiser, die Marke, mit dem, aus meiner Sicht, insgesamt schwächsten Spot dieses Jahr.

    Direkt am Anfang wird die Marke Budweiser eingeblendet mit einem kraftvoll galoppierenden Pferd, welches nach 8 Sekunden über einen Stacheldrahtzaun fällt und sich verletzt. Ab jetzt beginnt die Leidensgeschichte des Pferdes, welches sich mit einer Beinverletzung herumschlägt. Zum Schluss ist das Pferd dann wieder regeneriert und reitet mit Power durch die Prärie. Es folgt der Abbinder: „In the home of the brave, down never means out.“

    In diesem Spot werden vor allem zwei Fehler begangen. Zum einen wird im sozialtechnischen Kriterium Nummer 2 „Informationsaufnahme und -vermittlung“ dem Zuschauer sehr viel abverlangt. Man fragt sich, wie man jetzt die Story vom Pferd und dessen Hunde-Freund auf die Marke Budweiser übertragen kann. Zum anderen wird von Sekunde 8 bis Sekunde 40 eine negative Wahrnehmungsatmosphäre durch die Leidensgeschichte des Pferdes erzeugt. Die logische Folge: Die Marke Budweiser wird mit negativen Assoziationen verknüpft.

    Apropos negative Wahrnehmungsatmosphäre: Dies ist ein Fehler, der in den diesjährigen Super Bowl Spots extrem häufig gemacht wird. Gefühlt in jeder dritten Werbung muss noch aus irgendeiner Ecke ein Monster aus dem Nichts hervorspringen.

    Dies führt uns zu zwei Spots, die es auch ganz ohne Monster schaffen, eine negative Wahrnehmungsatmosphäre zu erzeugen, aber auch viele gute Seiten haben: Uber Eats und Amazon.

    Was in dem Spot von Uber Eats hervorragend gelingt, ist die Wahrnehmbarkeit der Marke. Quasi jeder Moment innerhalb des 1-minütigen Spots zahlt auf die Marke Uber Eats ein. Es gibt keinerlei der sogenannten „falschen Bescheidenheit beim Absender“. Auch die Botschaft „Now delivering Eats. And Don’t Eats.“ wird zum Schluss klar auf den Punkt gebracht und ist leicht zu verstehen. Einziger Wermutstropfen: Wenn man eine Person sieht, die in eine Glühbirne beißt oder Katzenstreu isst, ist dies zwar aufmerksamkeitsstark, erzeugt aber nicht gerade positive Gefühle. Man spricht in diesem Fall von einem sogenannten Irritationseffekt.

    Für den Amazon Alexa Spot mit Scarlett Johansson und Colin Jost gelten nahezu eins-zu-eins dieselben Kriterien. Humorvoll wird gezeigt, was passieren würde, könnte Alexa Gedanken lesen. Natürlich wird hier auch bewusst mit dem Thema „abhören“ gespielt, nichtsdestotrotz bleiben am Ende des Spots einige ungute Gefühle übrig.

    Wir wissen aus der Forschung: Negative Assoziationen in der Werbung führen zu negativen Assoziationen gegenüber der Marke. Die ansonsten handwerklich guten Spots von Uber und Amazon schöpfen damit nicht ihr volles Potenzial aus. Das ist schade.

    Für mich der beste Spot in diesem Jahr: BMW

    Von Sekunde eins an wird mit physisch intensiven Reizen eine hohe Aufmerksamkeit erzeugt. Der Spot wird durch die Protagonisten Zeus alias Arnold Schwarzenegger und Hera alias Salma Hayek mit viel Humor positiv aufgeladen und sukzessiv inhaltlich aufgebaut. Zwischendurch erfolgt immer wieder eine Anreicherung mit kognitiv überraschenden Reizen (wie z.B. das Himmelspferd Peggy). Insbesondere das Finale des Spots ist exzellent gelungen. Der aufgebaute Kontext rund um das Thema Elektrizität wird perfekt mit der Marke BMW bzw. mit dem BMW iX über „Electricity in its ultimate form“ verknüpft. Die Informationsaufnahme und -verarbeitung erfolgt spielend leicht. Die Positionierung ist klar, einfach und auf den Punkt gebracht. Zudem gelingt eine sehr gute Differenzierung vom Wettbewerb. Der Spot bleibt auch nach dem Super Bowl lange im Gedächtnis und wird mit BMW verknüpft. Lediglich die Absendererkennbarkeit und der Einsatz markenspezifischer Elemente könnten am Anfang besser ausgeprägt sein.

    Der beste Spot in Sachen Informationsaufnahme und -verarbeitung: BIC

    Durch den dialogischen Austausch zwischen den beiden doch sehr unterschiedlichen Markenbotschaftern Martha Stewart und Snoop Dog versteht der Zuschauer vom ersten Moment an den Mehrwert von BIC Feuerzeugen. Innerhalb von 30 Sekunden wird anhand von unterschiedlichen Beispielen einfach und prägnant herausgestellt, welche Markennutzen mir die Verwendung eines BIC Lighters bringt. Angefangen beim Claim „EZ Reach“ bis hin zu Aussagen wie „perfect for hard to reach places“ oder „keep my fingers away from the flame“. Die Absendererkennbarkeit ist 30 Sekunden lang optimal gegeben und prägt sich endgültig über den Abbinder ins Gedächtnis ein. Ein schönes Beispiel für einen Spot mit sehr geringen Produktionskosten bei einer sehr hohen Werbewirkung.

    Ein Spot, in dem die Markennutzen ähnlich gut herübergebracht werden, ist AT&T mit Zac Efron. Was hier im Gegensatz zu BIC leider weniger gut gelingt, ist die direkte Verknüpfung des Inhaltes mit dem Produkt. Es entstehen sogenannte Bild-Text-Scheren. Heißt: Theoretisch könnten die beiden Angler auch über alles andere reden. Das Bild stützt nicht das Gesprochene. Angeln ist eben etwas weit weg von Konnektivität. Von daher ist für diesen Spot mit einer geringeren Gedächtniswirkung zu rechnen.

    Ein schönes Kontrastbeispiel zu BIC ist Bud Light Seltzer Hard Soda. Hierbei handelt es sich um einen gelungenen Spot, der mit einem sehr hohen Produktionsaufwand eine hohe Werbewirkung erreicht:

    Von Anfang an herrscht eine gute Absendererkennbarkeit der Marke und es erfolgt eine starke Aktivierung. Um die einfache Positionierung „Flavor“ wird eine eigene Welt erschaffen, die das Produkt aus dem Wettbewerb herausstechen lässt. Der einzige Kritikpunkt an diesem Spot könnte die Aktivierungsstärke sein, die vielleicht für den ein oder anderen als zu hoch empfunden werden könnte. Was in diesem Kontext allerdings wichtig ist, ist die Berücksichtigung der Zielgruppe: Hard Sodas zielen klar auf die junge Zielgruppe ab (in etwa vergleichbar mit Alkopops bei uns). Von daher halte ich den schrillen und bunten Aktivierungsansatz für passend.

    Ich hoffe, Sie hatten etwas Spaß bei diesem kurzen Ritt durch die Welt der Super Bowl Werbung und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer persönlichen Werbeanalyse!

    P.S. Können Sie sich jetzt noch daran erinnern, um welche Marke es nochmal in dem Spot mit der Mondlandung ging? 😉

    Interesse am Thema? Mehr hier:

    Identität: Das Rückgrat starker Marken – ESCH. Publikation

    Marke 4.0: Wie Unternehmen digitale Markenchampions werden

    Purpose und Vision – ESCH. The Brand Consultants GmbH

    Fragen zum Thema: Sprechen Sie uns an:

    ESCH. – Markenberatung für den Erfolg Ihrer Marke.

     

    Daniel Kochann
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