von Franz-Rudolf Esch
Es gibt Lichtgestalten, die wirken über den Tod hinaus. Der am Wochenende verstorbene Dietrich Mateschitz ist eine solche Lichtgestalt. Er hat vielen Menschen neue Perspektiven eröffnet. Er hat Mut gemacht, neue Wege zu gehen. Er hat gezeigt, dass Marketing und eine starke Marke in der Lage sind, die Welt ein Stück weit zu verändern.
Dietrich Mateschitz hat an den asiatischen Tonic Drink „Kratindaeng“ und dessen Wirkung geglaubt. Er hat daraus den Energy-Drink Red Bull gemacht. Mit der Rezeptur des thailändischen Partners und seinen begrenzten Mitteln ist er „all-in“ gegangen und wurde für seinen Mut belohnt.
Dietrich Mateschitz hatte wenig Geld. Er musste viele Klinken putzen, um Partner zu finden, die ihn unterstützten. Viele glaubten zunächst nicht an seine Idee. Ich erinnere mich noch an ein Gespräch beim Abendessen bei ihm zu Hause. Ich fragte ihn nach seinem größten Fehler, den er im Business gemacht habe. Er erzählte mir dann davon, dass ein junger Mann ihm angeboten habe, die Distribution für seinen Energy Drink in Deutschland zu übernehmen. Er hatte damals dankend abgelehnt. Was für ein Fehler, heute ist das klar. Damals musste Mateschitz sicherlich viele solcher kleiner Niederlagen einstecken, er hat sich dadurch aber nicht von seinem Weg abbringen lassen.
Das, was den meisten Unternehmen nicht gelingt, hat Mateschitz im Alleingang mit einem kleinen Marketing-Team gemacht: Mit Red Bull hat er eine Marke entwickelt, die in ihrer Gestalt, ihrem kommunikativen Auftritt und ihrem Markenversprechen „Red Bull verleiht Flügel“ einzigartig war und ist. Der Slogan brachte auf den Punkt, was Kunden von dem Getränk zu erwarten hatten.
Mateschitz hat die Mundpropaganda und das Storytelling genutzt und für sich arbeiten lassen, als andere noch Millionen in klassische Werbung investierten. Die Geschichten um die Motorrad-Fahrer, die Red Bull über die österreichische Grenze nach Deutschland karrten, oder um die Stierhoden-Extrakte, die angeblich in der Rezeptur des Getränks verwendet wurden und der Stärkung der Männlichkeit dienen sollten, sind nur ein paar dieser Stories, die der Marke genutzt haben. Deshalb wurden die Stierhodenextrakte, meiner Kenntnis nach, auch nie offiziell von Red Bull dementiert.
Mateschitz hat vielleicht die erste Netzwerkmarke geschaffen, die sich nur auf das Marketing konzentriert und alles andere, auch die Produktion der Produkte, komplett nach außen ausgelagert. In dem Netzwerk macht jeder Netzwerkpartner das, was er am besten kann.
Mateschitz hat auf Events gesetzt und durch die Events die Einzigartigkeit der Marke untermauert: Seien es die Seifenkistenrennen oder die Flugtage an Seen mit selbstgebastelten Flugzeugen, all das hat „… verleiht Flügel“ zum Ausdruck gebracht.
Mateschitz hat sich nicht auf das beschränkt, was da war, sondern größer gedacht. Über die Grenzen des Energy Drinks hinaus. Er hat den Kern der Marke zum Anlass genommen, daran anknüpfend neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Sportveranstaltungen, die heute in Extrembereichen stattfinden, wie das Red Bull Air Race, dienen gleichermaßen der Vermarktung der Marke und der Verlängerung des Business.
Mateschitz hat das Unternehmen von einem Produkthersteller zu einem Medien-, Sport- und Eventhaus mit einer Produktmarke im Kern weiterentwickelt. Servus-TV und die Magazine sind Beispiele dafür. Dadurch hat er eine sich selbst verstärkende, profitable Maschinerie geschaffen, die ihresgleichen sucht.
Bei all den Aktivitäten hat Mateschitz konsequent um den Kern der Marke Red Bull gearbeitet und dadurch den Kern der Marke bewahrt.
Die Liste ließe sich fortsetzen.
Vor diesem großen Mann kann man nur sein Haupt verneigen. Wir haben einen großen Visionär verloren, der sich auch anderweitig stark engagiert hat und viel Gutes mit seinen Spenden und Initiativen getan hat. Nur das hat er nicht groß in der Öffentlichkeit kolportiert, geschweige denn mit der Marke Red Bull verknüpft. Es war sein eigenes Anliegen.
Mir ist bewusst, dass viele Marketingmanager es häufig schwer haben, sich in Unternehmen durchzusetzen und ihren Wertbeitrag zu zeigen.
Sie sollten sich Dietrich Mateschitz zum Vorbild nehmen. Es gibt immer einen Weg.
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