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Top oder Flop?
Gerolsteiner dehnt die Marke.

von Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch I ESCH. The Brand Consultants GmbH
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    Machen wir es kurz: Die Marktforschung sagt „top“. Der Erfolgsstempel für Gerolsteiner Cola liegt vor.

    Ich habe da so meine Zweifel. Nun bin ich ein faktenbasierter Mensch. Mit Interesse an Wirkung und Wirkungszusammenhängen. Aber auch mit einem Gerüst an verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen. Und dies begründet meine Zweifel am Erfolg.

    Was sagt das unabhängige Marktforschungsinstitut: Gerolsteiner Cola und Cola-Mix setzten sich bei einem Blindtest erfolgreich gegen Mitbewerber durch. Sehr gute Bewertungen gab es für die Items „schmeckt genau richtig nach Cola“, „hat einen angenehm herben Geschmack“, ist „ein erfrischender Durstlöscher“ und „schmeckt hochwertig“.[1]

    Was sage ich: Schlimm wäre, wenn der Geschmackstest erfolglos gewesen wäre. Getränke müssen schmecken, aber: Jede Cola einer Handelsmarke schneidet in Blindtests ebenfalls gut ab. Erst kürzlich hatten wir mit Studierenden an der Justus-Liebig-Universität wieder die Freude unter Beweis zu stellen, wie bescheiden etablierte Cola-Marken blind abschnitten.
    Insofern: Geschmack ist notwendig, aber nicht hinreichend für Erfolg.

    Was sagen die Tests:  Die Marktforschung bescheinigt den drei neuen Erfrischungsgetränken (Cola, Cola Zero, Cola-Mix) eine gute Passung zur Marke Gerolsteiner. Das Kaufinteresse lag je nach Sorte bei 70 bis 88 Prozent und damit deutlich über der Benchmark für Neuprodukte.[2]

    Was sage ich: Hier kann das erste Messproblem vorliegen. Es wurde ganz offensichtlich nur in eine Richtung getestet. Und bekundetes Kaufinteresse ist noch lange kein Kauf.

    Warum habe ich Zweifel: Es stimmt zwar, dass Gerolsteiner bei Mineralwasser marktführend ist und 89 % die Marke kennen, allerdings liegt die Käuferreichweite bei 12,3 %. Der Markt ist hart umkämpft, Handelsmarken haben hier hohe Marktanteile, ein Unternehmen der Schwarz-Gruppe produziert das mit Abstand meiste Mineralwasser in Deutschland. Gerolsteiner liegt auf Platz 5. Wir trinken viel Wasser, am liebsten aber günstig.

    Ist das ein Profilierungsthema der Marken oder ein Geschmacksthema oder beides?

    Anders ist der Cola-Markt. Coca-Cola dominiert den Markt, mehr als die Hälfte der Bevölkerung trinkt die klassische Coke. Und dann? Dann folgen Coke Zero und Coke light. Pepsi-Cola steht deutlich im Schatten von Coca-Cola. Viele Menschen wurden mit Coca-Cola groß. „Joy of Life“, das ist Coca-Cola. Warum sollten Menschen umschwenken und wenn ja, aus welchen Gründen?

    Klar, es gibt die Haltungsmarke Fritz-Cola mit einem klaren und überzeugenden Profil. Klar, es gibt auch Handelsmarken (die schmecken auch gut). Aber warum Gerolsteiner? Wegen des mineralischen Vulkanwassers? Wegen einer besonderen Kompetenz für Cola? Weil die Marke die Menschen in besonderer Form emotional anspricht? Weil die Marke bekannter oder das Image besser ist? Wohl kaum.

    Die Forschung zeigt: Der Markteintritt in einen etablierten Markt mit wenigen, dominanten Wettbewerbern ist immer am gefährlichsten. Er gelingt nur dann, wenn die neue Marke wirklich einen relevanten und differenzierenden Faktor aufweist.

    Coca-Cola macht übrigens kein Wasser. Dafür gibt es die eigenen Marken Vio oder Apollinaris. Eine kluge Entscheidung. Wasser und süße Brause passt eben nicht.

    Somit stellt sich die Frage: Was ist am POS der Anreiz zum Testen von Gerolsteiner Cola vor einem Regal, das dominiert wird von Coca-Cola Facings? Die coole, differenzierende Verpackung? Ein (emotionaler) USP, den sonst keiner hat? Ich sehe weder das eine noch das andere. Die Flasche ist handwerklich gut gemacht, erinnert etwas an Fritz-Cola, greift die Kategorie auf – that’s it.

    Vor allem aber stelle ich mir folgende Frage: Gerolsteiner war für mich immer ein natürliches Wasser, mit Mineralien, vital und gesund. Wie wirkt sich nun eine Cola unter Gerolsteiner auf diese positive Wahrnehmung aus? Die Brause und das Gesunde, das Natürliche?

    Außer Frage steht: Gerolsteiner kann Cola machen. Aber nicht alles, was man machen kann, muss man auch machen. Zumindest nicht unter der Marke Gerolsteiner. Das ist auch eine Frage der Markenidentität.

    [1] Quelle: https://www.yumda.com/de/news/1182444/von-sprudel-zu-cola-gerolsteiner-ueberrascht-mit-mutigem-markteintritt.html
    [2] Quelle: https://www.fachpack.de/de-de/fachpack-360/2024-1/article/gerolsteiner-steigt-ins-cola-getraenke-geschaeft-ein

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