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Servicewüste Telekom: Was man von schlecht geplanter Customer Experience in 2023 lernen kann

von Dr. Dennis Esch

Wer kennt es nicht? Man versucht als Kunde ein Problem zu lösen und das betroffene Unternehmen eröffnet mehrere Lösungswege. Einer dieser Lösungswege wird als schnellere Lösung angepriesen. Super!

Gute Customer Experience heißt klares Erwartungsmanagement

So ist es zuletzt auch mir ergangen. Als Telekom-Kunde musste ich mich legitimieren und mir wurden dafür zwei Möglichkeiten erübrigt: Ich könnte die benötigten „Unterlagen per E-Mail zukommen lassen oder [mich] noch schneller innerhalb der nächsten 2 Wochen über Video-Ident legitimieren.“

Die Entscheidung war schnell getroffen: Video-Ident sollte es sein. Die benötigten Unterlagen trug ich zusammen und loggte mich über den Link ein. Trotz Einwahl zu den angegebenen Zeiten war kein Berater verfügbar (siehe Abbildung 1). Nicht verwunderlich. Ärgerlich war nur, dass auch keine Wartezeit kommuniziert wurde! So viel zur schnelleren Option…

Abb. 1: Der „Willkommensscreen“ im Telekom Video Ident-Verfahren

Ich schloss die Seite und probierte es zu einem späteren Zeitpunkt. Das Ergebnis leider identisch: Keine Berater verfügbar, keine Wartezeit angegeben. Wieder der Fingerzeig zur Tür.

Kontaktpunktoptimierung anhand von Kosten statt Kundennutzen

Viele wären an dem Punkt wahrscheinlich ausgestiegen. Bei mir war nun aber die Neugier geweckt, was noch alles im Argen liegen könnte. Und ich wurde – zumindest aus dieser Perspektive – nicht enttäuscht! Bei meinem dritten Versuch kam ich endlich weiter. Nun lief ein knapp einminütiges Video ab (siehe Abb. 2), in dem mir Telekom Kundendienstmitarbeiterin Elvira erklärte, was ich für das nahende Gespräch vorbereiten müsste: Die Kamera müsse aktiv sein, mein Mikrofon müsse funktionieren und ich sollte meine Ausweisdokumente parat haben. Eine mehrwertbringende Nutzung der Wartezeit.

Abb. 2: Vorbereitungsvideo für das Video Ident-Verfahren

Problem war nur, dass dies in der Endlosschleife lief. Nach mehr als neun Durchläufen und knapp zehn Minuten Wartezeit konnte ich den Text so langsam auswendig. Und wieder keine Indikation der Wartezeit. An dem Punkt bin selbst ich ausgestiegen…

Eine lange Story, aber was können Sie daraus lernen?

Sie mögen vielleicht kein Telekom-Kunde sein, aber die obige Story ist Ihnen bestimmt vertraut. Viele Unternehmen testen das Frustrationspotenzial von (potenziellen) Kunden, falsche Erwartungen werden geschürt, Kontaktpunkte (Touchpoints) werden aus einer Kostensparperspektive optimiert.

Was dabei auf der Strecke bleibt: die viel besungene Customer Experience. Während viele Unternehmen an Spielereien basteln, die vermeintlich zu Customer Delight führen sollen, mangelt es häufig an der Basis: Einem soliden Verständnis davon, welche Kontaktpunkte für die Zielgruppen relevant sind und was diese zum Zeitpunkt des Kontakts erreichen wollen. Stattdessen werden Luftschlösser gebaut, Budgets fließen in meist irrelevante Kontaktpunkte mit wenig Kundennutzen.

So ist es in solchen Momenten auch nicht wichtig, ob alle anderen Kontaktpunkte vom Kunden aus gedacht wurden. Telefonisch ist der Telekom Kundendienst z.B. äußerst hilfreich. Doch wie viele (potenzielle) Kunden kommen jemals damit in Kontakt? Und wie viele haben davor aufgegeben und sind zur Konkurrenz, wenn es an Hygienefaktoren (Erwartungsmanagement, klare Kommunikation etc.) mangelt?

Wie sieht es mit Ihrer Customer Experience aus? Wissen Sie, welche Kontaktpunkte essenziell sind? Oder optimieren Sie rein Ihre Kostenstruktur und reizen das Frustrationspotenzial Ihrer Kunden aus?

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