X

Produktportfolios von Marken: Mehr ist nicht besser

von Franz-Rudolf Esch

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch I ESCH. The Brand Consultants GmbH
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch
+49 6831 95956-0
office@esch-brand.com
Kontakt aufnehmen

    Die abgesendete Kontaktanfrage erhalten Sie im Anschluss per Mail.


    Blog Beitrag teilen:

    Marketeers werden darauf trainiert, Marken zu kapitalisieren. Das ist auch gut so. Sie durchlaufen bei allen großen Konsumgüterunternehmen ähnliche Schulen. Ein Kernelement ist das der Markendehnung. Das zeigt sich dann auch in Produkten und Produktlinien von Marken. Diese sind über die Jahre explodiert.

    Mehr ist aber nicht immer besser, im Gegenteil: Es verwirrt Kunden, stößt im Handel nicht auf Gegenliebe, verstopft die Vertriebspipeline der Hersteller und erhöht Komplexitätskosten. Die gewünschten Umsatzzuwächse stellen sich oft nicht in gewünschter Form ein.

    Das Prinzip der Lemminge: Es machen ja alle so.

    Tatsächlich handeln viele Unternehmen in einem Markt sehr ähnlich. Blaupausen werden übernommen und kopiert. Aber es geht auch anders: Apple zeigt dies seit Jahren als wertvollste Marke der Welt. Apple trifft mit einer kleinen, aber feinen und klar differenzierten Produktpalette ganz offensichtlich den Nerv der Kunden. Tesla hat ebenfalls ganz wenige Modelle, verkauft aber viel davon. Wie viele Autos würden Wettbewerber wie BMW oder Mercedes-Benz verkaufen, hätten Sie bei jedem ihrer Automodelle einen ähnlichen hohen Abverkauf wie Tesla?

    Warum ist mehr nicht besser?

    Ganz einfach: Wir haben es mit begrenzten Informationsaufnahme- und Informationsverarbeitungskapazitäten bei Kunden zu tun. Menschen sind kognitive Geizkragen, weil zu viel sie überfordert. Darauf müssen wir uns einstellen. Produktsortimente müssen sich leicht erschließen, sonst haben Sie ein Problem.

    Meine Kollegen Iyengar und Lepper haben dies eindrucksvoll in ihrem Marmeladenexperiment bewiesen. Sie verglichen die Reaktionen auf zwei Marmeladenregale, das eine gefüllt mit sechs unterschiedlichen Marmeladensorten, das andere mit 24. Im Ergebnis kauften wesentlich mehr Kunden im Regal mit sechs Sorten als in dem mit 24. Und sie waren weniger verwirrt und zufriedener mit ihrem Kauf.

    Stau am mittleren Ring

    Hinzu kommt, dass je schneller die Taktung und je größer die Zahl neuer Produkte, die Sie im Handel einführen möchten, umso schneller kommt es zum Stau. Die Distributionsquote sinkt, die Erhältlichkeit bestimmter Produkte bei Händlern variiert gewaltig und der Abverkauf lässt zu wünschen übrig. Letzte Ausfahrt ist dann die Auslistung und / oder negative Effekte auf andere Produkte im Sortiment, weil sich der Kunden wegen der Produktflut von der Marke abwendet.

    Beck’s Bier hat dies schmerzvoll lernen müssen. Nach der erfolgreichen Einführung von Beck’s Gold erhöhte sich die Schlagzahl mit immer neuen Produkten so sehr, dass die zusätzlichen Umsatzanteile der neuen Produkte immer geringer wurden. Diese kannibalisierten sich gegenseitig. Sie erhielten zu wenig Distribution, wurden schneller ausgelistet und behinderten sich gegenseitig, weil die Kunden nicht wussten, was sie bevorzugen sollten.

    Ein guter Indikator ist auch die Marge, die Sie erwirtschaften und die Konsequenz, mit der Sie Ihre Ansätze zur Vermarktung Ihrer Produkte bei Partnern umsetzen können. Wenn Sie zu Lasten der Marge oder mit anderen Zugeständnissen Produkte in den Markt drücken müssen, dann habe Sie ein Problem. Das Problem potenziert sich dann, wenn auch Ihrem Vertrieb die Argumente ausgehen und er den Überblick wegen der Produktfülle verliert. Darunter leiden dann auch Ihre starken Produkte.

    Was tun: Handlungsoptionen zur Optimierung

    Die hier aufgeführte Liste ist bei weitem nicht vollständig. Vielmehr konzentriere ich mich auf einige wenige Big Points, die Ihnen dabei helfen können, ein überzeugendes Produktportfolio zu entwickeln, in dem jedes einzelne Produkt eine wichtige Rolle hat, der Mehrwert eines jeden Produktes für Kunden, Handel und Unternehmen klar ist und Sie dadurch Umsätze und Profitabilität boosten.

    Voller Fokus auf Ihre Leadprodukte

    Die Stars in der Produktrange müssen glänzen, um andere Produkte mitzuziehen. Oft stehen wenige Produkte für 80 Prozent des Umsatzes und der Profitabilität. Diese Produktstars sind systematisch zu entwickeln und weiter zu verbessern bzw. an sich ändernde Kundenbedürfnisse anzupassen. Daraus können sich andere Packungsgestaltungen für unterschiedliche Nutzungssituationen (beispielsweise für zu Hause, im Büro oder „to go“) ergeben, die das Wachstum befeuern können. Dem Vertrieb und den Handelspartner muss die Bedeutung dieser Produkte klar sein. Der USP dieser Produkte ist klar zu erarbeiten und eine „story to tell“ anzuknüpfen. Leadprodukte sind Ihr Aushängeschild. Sie ziehen andere Produkte mit.

    Hart am Kundenbedarf und der Markenidentität Innovationen und Varianten entwickeln

    Führen Sie neue Produkte nicht ein, weil es für Sie einfach und technisch machbar ist, sondern weil Sie damit ein latentes oder manifestes Kundenbedürfnis befriedigen. Entwickeln sie neue Produkte und Produktvarianten hart am Kundenbedarf. Dazu müssen Sie genau eruieren, was Kunden sich wünschen und was zu Ihrer Marke passt. Ansonsten verwässern Sie Ihr Produktsortiment mit Belanglosigkeiten, die nicht zur Marke passen. Um große Schritte zu gehen, sollten Sie auch die Nutzung der Produkte und die Customer Journey im Blick haben, um Potentiale zu schöpfen.

    Potentialträger fördern

    Aufgrund sich ändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und daraus resultierenden tektonischen Verschiebungen im Kundenverhalten ergeben sich in vielen Branchen neue Potentialträger. Typisches Beispiel sind hier nachhaltige Produkte. Wenn Sie Potentialträger fördern wollen, müssen Sie diese ähnlich wie Ihre Leadprodukte aufbauen. Sie sind der Umsatz der Zukunft. Wie bei jeder Portfolioanalyse ist in diese Stars zu investieren und Geld von den Cash Cows zur Verfügung zu stellen.

    Produktsortimente nach Streichkandidaten durchkämmen

    Oft werden Produkte zu lange mitgeführt, obwohl diese keine Rechtfertigung mehr im Regal haben. Häufig entstehen dadurch Kannibalisierungseffekte innerhalb der Produktlinie. Im Bierbereich findet man beispielsweise recht häufig Radler, Radler naturtrüb, Radler alkoholfrei und Radler alkoholfrei naturtrüb. Normales Radler und alkoholfreies Radler adressieren unterschiedliche Bedarfe und sind deshalb gesetzt. Schwierig wird es dann bei der Frage „naturtrüb oder normal“. Beides ist sicherlich nicht notwendig. Hier brauchen Sie einen klaren Kriterienkatalog auf Basis der Markenwerte, welches Produkt im Produktprogramm verzichtbar ist.

    Die goldenen Regeln der Umsetzung beachten

    Den Spagat zwischen Markenzugehörigkeit und Differenzierung schaffen

    Leicht ist es nicht, aber notwendig. Einerseits müssen Sie dem Kunden bei jedem Produkt kommunizieren, dass es zu Ihrer Marke gehört. Das funktioniert nur über die Nutzung markentypischer Merkmale. Hier sollten Sie eine klare Hierarchie relevanter Muster Ihrer Marke haben. Andererseits müssen sich die Produkte für Kunden im Regal unterscheiden. Sonst laufen Sie Gefahr, dass das Ganze als „Einheitsbrei“ wahrgenommen wird. Ritter Sport zeigt virtuos, wie dies geht.

    Mentale Schubladen für Kunden bilden

    Dieses Prinzip wird leider viel zu selten betrieben, ist aber ein Schlüssel dafür, um große Produktsortimente in kleine, leicht verdaubare Häppchen zu gruppieren. Dadurch bilden Sie sinnvolle und einfach zugängliche Einheiten für Ihre Kunden. Produktgruppierungen durch Benennungen wie „Basic, Advanced, oder Premium“ können helfen. Gerade bei komplexen Sortimenten ist eine Ordnung durch mentale Schubladen ein Muss.

    Quelle: https://www.teekanne.de

    Dem Prinzip der Mental Convenience Rechnung tragen

    Produktprogramme erschließen sich dann für Kunden einfach und ohne große gedankliche Anstrengungen, wenn die Benennungen klar und eindeutig sind und idealerweise den Kundennutzen kommunizieren. Zudem sollten auch visuelle Elemente auf der Verpackung dies unterstützen. Meister Proper zeigt, wie es geht.

    Quelle: https://www.for-me-online.de/marken/mr-proper

    Verwässern Sie nicht den Markenkern

    Nicht immer sind sich Manager sicher, ob sie mit dem nächsten Produkt nicht den Kompetenzbereich der Marke verlassen und die Todeszone der Markendehnungen betreten. Deshalb lohnen sich „Fit“-Messungen. Zudem können Sie im Zweifelsfall auch Limited Editions auf den Markt bringen, weil Sie damit mehr wagen können. Das Risiko ist deshalb begrenzt, weil solche Produkte eben nur kurze Zeit oder in kleiner Menge verfügbar sind.

    Sie sehen: Produktlinien zu managen ist leichter gesagt als getan. Das Führen mit Kennzahlen reicht alleine nicht. Diese signalisieren meist erst zu spät, wenn etwas im Argen ist. Sie sollten entsprechend anders Vorsorge treffen.

    Und wie sieht es bei Ihnen aus?

    Mehr Interesse an dem Thema:

    Wenn Sie weitere Fragen oder Informationswünsche zu diesem Thema haben, können Sie uns gerne per Mail oder telefonisch (+49 68 31 / 9 59 56 – 0) kontaktieren.

    Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch I ESCH. The Brand Consultants GmbH
    Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch
    +49 6831 95956-0
    office@esch-brand.com
    Kontakt aufnehmen

      Die abgesendete Kontaktanfrage erhalten Sie im Anschluss per Mail.


      Blog Beitrag teilen:

      Wir steigern den Erfolg Ihrer Marke. Kontaktieren Sie uns.