von Franz-Rudolf Esch
Leica hat in den letzten Jahren eine Erfolgsstory geschrieben: In einem rückläufigen Fotomarkt legte das Unternehmen aus Wetzlar zu – von 270 auf 370 Millionen € in zehn Jahren. Leica ist für viele Fotografen das Non-Plus-Ultra des Fotografierens. Die Kameras sind heiß begehrt und werden zu Preisen verkauft, von denen Wettbewerber nur träumen. Mit dem roten, kreisrunden Logo verbinden viele Fotografen weltweit herausragende Verarbeitungsqualität, Präzisionsobjektive auf höchster Stufe und ikonische Bilder von Fotografen, die für die Leica-Welt stehen und den Weltruf der Marke begründen. Für eine Leica M10 Monochrom, die nur Schwarz-Weiß-Fotos macht, legt man derzeit 8.300€ auf den Tisch.
Nun wagt Andreas Kaufmann, der die Geschicke von Leica lenkt, den nächsten Schritt mit einer Leica Uhr und einem Leica Smartphone. Beide Produkte greifen die Formensprache von Leica auf und weisen Besonderheiten auf, etwa die Uhr, bei der man die Krone herunterdrückt, um Einstellungen vorzunehmen, so, wie beim Auslöser einer Kamera. Die Preise für die beiden Uhrenmodelle liegen zwischen 9.500 und 13.500€.
Auf den ersten Blick scheinen sich die Millionenbeträge in die Entwicklung einer eigenen Uhr zumindest durch den furiosen Start der Uhren in eigenen Läden gut anzugehen. Die Uhren wahren schnell ausverkauft.
Es ist eine Markendehnung mit Stärken und Schwächen. Ohne Frage hat Leica eine herausragende feinmechanische Kompetenz. Ohne Frage hat die Marke herausragende Kompetenz bei der Herstellung von Objektiven, die auch den Kern des Smartphones ausmachen. Ohne Frage ist die Marke im Fotomarkt stark und begehrt. Nur lässt sich dies 1:1 in andere Märkte übertragen?
Ich glaube nein: Gerade im Uhrenmarkt haben sich über viele Jahre Luxusmarken etabliert, die in Markenstärke der Marke Leica weit voraus sind. Diese Uhrenmarken haben gerade herausragende Stärken in der Feinmechanik und in der Entwicklung immer neuer, atemberaubender Komplikationen, die bei Uhrensammlern heiß begehrt sind.
Es ist zwar ein zwar stark wachsender Markt von 6,93 Mrd. € 2018 auf 8,2 Mrd. € 2022, aber auch ein hart umkämpfter Markt. Die harten Währungen hier sind Rolex und Patek Philippe. Zudem sind auch deutsche Marken seit Jahren im Kommen. Nomos macht sich einen Namen mit herausragend reduziertem Design im Bauhausstil und toller Mechanik – und das zu einem erschwinglichen Preis.
Aber vielleicht reicht Leica ja auch einen Nischendasein. Davon leben viele Unternehmen ganz gut. Das zeigt eine Marke von Moritz Grossmann in Glashütte, die ebenfalls nur wenige Uhren verkauft, dies aber anscheinend profitabel macht. Und Moritz Grossman war zwar einer der großen Vordenker, Entwickler und Lehrer in Glashütte, allerdings ist er heute nur noch Freaks bekannt. Wer die Geschichte liebt, wird diese Marke lieben, aber Leica ist bekannter, ohne Frage.
In meiner Einschätzung liegt die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Leica-Uhr besser als die eines Leica-Phone. Man kann in der Nische leben, allerdings wird es länger dauern, bis der Return der Erstinvestitionen erfolgt. Doch die Chance ist da, denn: Die Uhr ist einfach schön und mechanisch top.
Dauerhaft könnte der Verkauf in den eigenen Läden ein Showstopper sein. Ob man dann jedoch gehobene Uhrengeschäfte findet, die neben den etablierten Marken eine weitere Marke aufnehmen und sich dadurch ein noch größeres Lager aufhalsen, hängt davon ab, ob der Hype auf die Marke wirklich so groß ist, wie der Erstverkauf der Uhr zu suggerieren scheint.
Das Leica Phone 1, das mi Sharp und Softbank Mobile nur in Japan angeboten wird, kostet 1.400€. Auch hier ist der Wettbewerb groß. Vor allem dominieren Apple und Samsung. Apple hat ein eigenes Ökosystem, das die Kunden sehr schätzen. Das Design und die Einfachheit der Bedienung stehen im Vordergrund. Die Objektive sind ebenfalls sehr gut, wenngleich nicht vergleichbar mit dem von Leica.
Doch reicht dieser Unterschied und ist das Objektiv das kaufentscheidende Kriterium beim Kauf eines Smartphones? Ich glaube nicht. Deshalb ist meine These, dass Leica mit dem Leica Phone 1 scheitern wird. Die Strahlkraft von Apple ist zu stark. Selbst Fotofreaks, die gerne auch mit dem Smartphone herausragende Eindrücke einfangen wollen, werden sich überlegen, ob sie deshalb auf ihr iPhone verzichten oder dauerhaft mit zwei (Geschäftsleute mit drei) Smartphones rumlaufen sollen. Bislang sind diese Bemühungen, etwa 2016, gescheitert. Warum sollte es also jetzt klappen? Da hier allerdings Partner mit im Boot sind, die das machen, was Leica nicht kann, hält sich zumindest das Investment, wenn es nicht klappt, in Grenzen.
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