von Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch
Im FMCG-Bereich kursiert ein Geist: der Geist der Einfallslosigkeit.
Richtig Neues gibt es meist nicht. Wenn, dann kommen Innovationen oder neue Ansätze von Neueinsteigern und nicht von den Etablierten.
Stattdessen arbeitet man fortwährend an kleinen Verbesserungen, die lautstark vermarktet werden. Da werden die Klingen noch hautschonender, die Formel gegen Falten noch besser usw.
Wenn das nicht mehr hilft, bleibt nur noch eins: Kooperationen mit Influencern, bekannten Persönlichkeiten oder anderen starken Marken. Oft ist dieses Feld ebenfalls ausgereizt, zumindest scheint es so.
Und nun kommt der Keks in die Dose: Wie heißt es so schön in der Pressemitteilung von Coca-Cola: „Coca-Cola® und OREO® haben sich als „Besties“ zusammengetan und ein exklusives, limitiertes Produkt entwickelt: die Coca-Cola® OREO™ Zero Sugar Limited Edition. Inspiriert von Freundschaften auf der ganzen Welt, vereinen sich die beiden ikonischen Marken als “Besties”. Für eine begrenzte Zeit wird es die legendäre Produktneuheit sowie verschiedene einzigartige digitale und physische Erlebnisse geben.
Sie merken: Die sprachliche Überhöhung ist kaum zu toppen. Aber heute sind wir ja auch alle Helden. Aber:
Zunächst fällt auf, dass das Ganze als Limited Edition auf den Markt kommt. Hier können Marken mehr ausprobieren, ohne Schaden davon zu tragen, wenn es nicht funktioniert. Das ist nachvollziehbar. Aber hilft diese Kooperation auch den Marken? Und trifft sie einen Bedarf bei Kunden?
Beide Marken leiden nicht an einem Bekanntheits- oder Imageproblem. Sie sind stark aufgestellt und haben ihren Platz in den Köpfen der Kunden. Ob man die Bekanntheit durch die Markenkooperation noch toppen kann, ist zu bezweifeln.
Und das Image: Lebensfreude und Spaß (stay playful) passen auch zusammen. Insofern gibt es inhaltliche Anknüpfungspunkte, die einer Kooperation entgegenkommen.
Aber muss man alles machen, was zusammenpasst? Braucht man den Twist des OREO-Geschmacks in einer Cola-Dose? Natürlich, man hat den Geschmack, ohne zu kauen. Das kann ein Vorteil für die sein, die nicht kauen wollen. Aber die OREO-Nutzer möchten ja kauen, sonst würden sie auf Flüssignahrung umsteigen.
Was hat also OREO davon? Werden viele Coca-Cola-Kunden nun endlich auch den Keks kaufen, wenn sie es bislang noch nicht gemacht haben? Weil man die „sanften Nuancen“ in Coca-Cola schmeckt oder weil man gemeinsam auf die Marketing-Tube haut?
Man möchte die beiden Fangemeinschaften zusammenbringen, heißt es in der Pressemitteilung Das Potential liegt somit bei Coca-Cola-Kunden, die bislang OREO noch nicht probiert haben. Umgekehrt entsprechend bei OREO-Kunden, die noch keine Coca-Cola probiert haben. Kaum zu glauben, dass es letzteres gibt. Ich mache ein großes Fragezeichen hinter diese Überlegung.
Richtig ist: Beide Marken scheinen schon weit ausgereizt: So gibt es OREO klassisch, golden, double, white, als Crunchies, Eis, Torte, Joghurt, Milch-Snack, Donuts, Muffins und Cerealien – und das meist in verschiedenen Varianten. Aber offensichtlich geht immer noch mehr.
Ich bezweifle, dass das Ganze ein Erfolg wird. Wenn ich von Erfolg spreche, meine ich den Produkterfolg. Sicher, es wird Listungen geben. Sicher, gelangweilte Kunden werden die Produkte auf der immerwährenden Suche nach Neuem probieren. Und dann?
Aber vielleicht steckt ja doch mehr drin, als man glauben mag. Kommunikation ist magic, Produkte sind irdisch.
Nette Kommunikation kann immer was bewirken, aber nette Kommunikation macht noch lange kein gutes und begehrenswertes Produkt. Und selbst bei gemeinsamer Kommunikation kann man im alternativen Euro denken: Wäre das Geld nicht besser investiert, würden sich die Marken ganz auf sich selbst konzentrieren, ganz ohne Kooperation?
Aber vielleicht werde ich eines Besseren belehrt und demnächst kommt die unnachahmliche Coca-Cola mit einem Touch Rocher von Ferrero. Piemont meets Atlanta: welche Botschaft!
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