Definition: Was ist eine Dachmarkenstrategie?
Die Dachmarkenstrategie (englisch: Branded House) ist eine Strategie, bei der alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens unter einer einheitlichen Hauptmarke geführt werden. Der Name verdeutlicht das Prinzip: Eine übergeordnete Marke fungiert als „Dach“, unter dem das gesamte Angebot gebündelt wird. Im Rahmen von Markenarchitekturüberlegungen spricht man hier auch von Branded House.
Reine Dachmarkenstrategien treten jedoch immer seltener auf. Stattdessen werden Unternehmensmarken zunehmend durch sogenannte Subbrands ergänzt, die einzelne Produktlinien oder Dienstleistungen klarer differenzieren und gezielt an bestimmte Zielgruppen ausrichten. Ein Beispiel hierfür ist BMW mit den 3er-, 5er- und 7er-Reihen.
Wann ist eine Dachmarkenstrategie sinnvoll?
Eine Dachmarkenstrategie wird vor allem dann genutzt, wenn:
- Das Produkt- oder Dienstleistungsangebot zu groß ist für einzelne Marken (z. B. Siemens). Wenn ein Unternehmen eine sehr breite Produktpalette hat, wäre es zu aufwendig und ineffizient, für jede einzelne Produktgruppe eine eigene Marke zu etablieren. Eine Dachmarke vereinfacht die Markenführung und sorgt für eine einheitliche Wahrnehmung.
- Die Zielgruppen und die Positionierung der Produkte sich kaum unterscheiden (z. B. Allianz). Wenn sich die verschiedenen Angebote eines Unternehmens an ähnliche Kunden richten und ein ähnliches Markenimage haben, macht es wenig Sinn, mehrere Einzelmarken zu schaffen. Eine starke Dachmarke sorgt für Vertrauen und Wiedererkennung.
- Die Produkte Trends und Modeschwankungen unterliegen (z. B. Armani, Gucci). Mode- und Trendprodukte ändern sich oft schnell. Eine Dachmarke bietet Stabilität, selbst wenn einzelne Kollektionen oder Produktlinien nur kurz am Markt sind. Kunden bleiben der Dachmarke treu, auch wenn einzelne Produkte ausgetauscht oder erneuert werden.
Auswahl der Dachmarkenstrategie in der Praxis
Die Adaption einer Dachmarkenstrategie kann auf zwei Wegen verlaufen:
- Markenevolution (Bottom-Up): Eine Einzelmarke erweitert sich auf neue Produktkategorien. Dadurch wächst die Marke so stark, dass sie nicht mehr nur für ein Produkt steht. Somit hat sich die Markenstrategie von einer Einzelmarken- zu einer Dachmarkenstrategie ganz natürlich verändert.
- Markenrestrukturierung (Top-Down): Wenn ein Unternehmen durch Akquisitionen oder die Erschließung neuer Märkte wächst und immer mehr Marken ohne klare Strategie führt, entstehen Probleme wie Überschneidungen in den Markenpositionierungen und hohe Kosten durch das separate Führen vieler Marken, die sich möglicherweise gegenseitig Kunden wegnehmen. Wird das Problem zu groß, erfolgt eine Umstrukturierung, bei der die Marken zusammengeführt werden, um Ressourcen zu bündeln und den Markenauftritt zu vereinfachen.
Vor- und Nachteile einer Dachmarkenstrategie
Vorteile
Es wird also klar, dass es klare Vorteile gibt, warum eine Dachmarkenstrategie sinnvoll sein kann:
- Effizienz durch Synergien: Durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen – z. B. in Werbung, Vertrieb und Markenkommunikation – können Kosten gesenkt und Prozesse optimiert werden. Die Dachmarke sorgt dafür, dass Investitionen in die Marke allen Produkten zugutekommen, anstatt für jede Produktlinie eigene Strukturen aufbauen zu müssen.
- Strahlkraft der Marke: Neue Produkte profitieren vom positiven Image und der Bekanntheit der Dachmarke. Das erleichtert die Markteinführung, da Kunden bereits Vertrauen in die Marke haben und keine komplett neue Identität geschaffen werden muss.
- Flexibilität im Produktmanagement: Produkte mit kurzen Lebenszyklen können schneller eingeführt und wieder vom Markt genommen werden, ohne dass das Unternehmen an Markenwert verliert. Die Dachmarke bleibt als konstante Größe bestehen, selbst wenn einzelne Produkte ausgetauscht werden.
- Flexibilität beim Produktmanagement: Zudem sind kurze Produktlebenszyklen leichter verkraftbar als bei Einzelmarken.
- Erhöhte Markenbekanntheit: Jede neue Produktlinie oder Kampagne schafft zusätzliche Berührungspunkte mit der Marke, was die Gesamtbekanntheit steigert. Kunden nehmen die Marke häufiger wahr und verbinden sie mit einem breiten Leistungsspektrum, was das Vertrauen stärkt.
Nachteile
- Profilierungsschwierigkeiten: Wenn das Produkt- oder Dienstleistungsangebot sehr unterschiedlich ist (z. B. Siemens), kann es schwer sein, eine einheitliche Markenbotschaft zu vermitteln. Allerdings zeigt BMW, dass eine starke, übergreifende Markenbotschaft (z. B. „Freude am Fahren“) dies ausgleichen kann.
- Akzeptanzprobleme: Mitarbeiter und Kunden könnten sich mit der neuen Markenstruktur schwer identifizieren. Mitarbeiter, die für eine spezielle Produktlinie arbeiten, fühlen sich eventuell weniger mit der Gesamtmarke verbunden, während Kunden möglicherweise nicht jede Produktgruppe unter derselben Marke akzeptieren.
- Weniger Sichtbarkeit für Innovationen: Neue, innovative Produkte können unter einer starken Dachmarke untergehen, weil sie weniger eigene Aufmerksamkeit erhalten. Einzelmarken oder Subbrands hätten hier oft mehr Spielraum für eine individuelle Positionierung.
- Schwierige Ansprache verschiedener Zielgruppen: Wenn sich die Produkte an sehr unterschiedliche Zielgruppen richten, kann es schwierig sein, eine Dachmarke so zu positionieren, dass sie für alle gleichermaßen relevant bleibt.
- Reputationsrisiko: Probleme mit einzelnen Produkten oder Skandale können die gesamte Marke beschädigen. Umgekehrt kann auch eine Dachmarke in der Krise das Vertrauen in alle Produkte schwächen. Ein bekanntes Beispiel ist VW im Abgasskandal, der das gesamte Markenimage belastete.
Beispiele: Welche Marken nutzen eine Dachmarkenstrategie?
Die Dachmarken-Strategie ist bei Industriegütern, Dienstleistungen und Gebrauchsgütern weit verbreitet. Typische Beispiele sind:
Siemens
Siemens ist ein klassisches Beispiel für eine Dachmarkenstrategie. Das Unternehmen bietet eine breite Palette an Produkten und Lösungen in verschiedenen Bereichen wie Automatisierungstechnik, Medizintechnik, Energie und Infrastruktur an. Obwohl die Produktkategorien sehr unterschiedlich sind, stärkt die Siemens-Dachmarke das Vertrauen und die Wahrnehmung der gesamten Produktpalette. Kunden verbinden Siemens mit innovativen und hochwertigen Technologien, was allen Bereichen zugutekommt.
AXA
AXA ist ein international tätiges Versicherungsunternehmen, das eine Dachmarkenstrategie verwendet, um eine Vielzahl von Versicherungsprodukten zu vereinen – von Lebens- und Krankenversicherungen bis hin zu Auto- und Hausratversicherungen. Die AXA-Dachmarke steht für Vertrauen und Sicherheit, was allen Produkten zugutekommt und es ermöglicht, eine breite Zielgruppe anzusprechen.
Fazit: Eine Dachmarkenstrategie sollte bewusst und gut durchdacht gewählt werden.
Die Dachmarkenstrategie hilft Unternehmen, ihre Markenführung zu vereinfachen, Kosten zu senken und das Vertrauen der Kunden zu stärken. Sie ist besonders dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen eine Vielzahl von Produkten mit ähnlichen Zielgruppen und einer gemeinsamen Markenidentität hat. Allerdings erfordert diese Strategie eine sorgfältige Planung, um Profilierungsschwierigkeiten, Akzeptanzprobleme und Reputationsrisiken zu vermeiden.
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Literatur:
Esch, F.-R. & Esch, D. (2024). Strategie und Technik der Markenführung (10. Aufl.). Vahlen Verlag, München.